Romanauszug: Confiteor
Christofs erste Messe? Das war damals, hinterm Haus seiner Eltern, im Schuppen. Damit es eine richtige Messe wurde, brauchten wir Hostien. Und vor allem: Wein. Für mich war es ein Leichtes, den Wein zu besorgen, denn auf dem Weingut meines Vaters gab es genug davon: gärenden Wein, noch nicht abgefüllten Wein, Wein, der in Flaschen oder Fässern lagerte, und Wein, der zum Abtransport bereit stand. Am Abend, als mein Vater über Rechnungen gebeugt im Arbeitszimmer saß oder, ich weiß es nicht mehr, mit dem alten Jolle über den Rebschnitt redete, als im Haus also Stille herrschte und es niemandem auffiel, dass ich mein Zimmer verließ, da stahl ich den Schlüssel aus dem Schrank im Flur, stieg die speckigen Holzstufen hinab in den Weinkeller und ging an den riesigen Eichenfässern vorbei: zu einem der kleineren Tanks. Etliche Male hatte ich zugesehen, wie mein Vater den Wein zur Prüfung herausholte, und so wusste ich, was zu tun war. Ich öffnete das Fassloch und ließ einen kleinen Plastikschlauch hinein, schloss die Lippen um das Ende und saugte, bis ich sehen konnte, wie der Wein langsam hinaufkletterte. Dann nahm ich den Schlauch heraus und ließ den Wein in ein altes Marmeladenglas laufen.
Christof war für die Hostien zuständig. Obwohl Weihnachten schon drei Monate zurücklag, waren bei ihm zu Hause vom Weihnachtsgebäck noch Kokosmakronen übrig geblieben, deren Zubereitung Christofs Mutter missglückt war. Jeden Sonntag stellte sie das alte Gebäck auf den Tisch, in der Hoffnung, dass man es doch noch essen würde, aber der Makronenhaufen nahm kaum ab, und am Sonntag, bevor Christof seine erste Messe im Schuppen feierte, war sein Vater laut geworden, hatte gefragt, was zum Teufel die Makronen da noch sollten, Ende März, er sei dabei, den Garten neu zu bepflanzen, und sie komme ihm hier mit steinalten Weihnachtsschnittchen. Schmeiß die Dinger doch fort, sagte er, du siehst ja, dass kein Mensch die essen will, die ollen Brocken. Christofs Mutter räumte die Makronen vom Tisch, warf sie aber nicht in den Müll, wie Christof sah, sondern kippte sie in die Kekskiste und brachte die Kiste zurück in die Abstellkammer. Und Christof, durch die Worte seines Vaters in der festen Überzeugung, dass die Makronen einen weiteren Sonntag nicht überleben würden, schlich am darauf folgenden Nachmittag zur Kekskiste, kratzte im Abstellraum hockend die Oblaten von den Makronen und legte sie in eine schwarzrote Tonschale.
Der Schuppen stand am Ende des Gartens, er war nicht sehr stabil, bemoost, verwittert und bot Unterschlupf für allerlei Geziefer. Christofs Vater hatte den Schuppen gebaut, im Innern herrschte stets Düsternis, das Fenster war zu klein und die Lampe an der Decke zu schwach. Christof stand am Holzaltar, den wir vom Fenster in die Mitte des Schuppens gerückt und mit einem weißen Tischtuch bedeckt hatten; ich ihm gegenüber, als Messdiener und Gemeinde zugleich. Wir hatten Korporale und Kelchtuch gebastelt, hatten Wein und Wasser in kleine, durchsichtige Milchkännchen gefüllt, hatten ein Gebetbuch zurechtgelegt, hatten die Tonschale mit den Oblaten und eine braune, hoch geformte Blumenvase als Kelch bereitgestellt, nur, sagte Christof plötzlich, der Weihrauch fehlt. Oder was Ähnliches, sagte ich, Körner, ein Pulver, irgendwas, das sich verbrennen lässt. Ja, sagte Christof, und ein Gefäß, ein Weihrauchfass. Wir stöberten in den Regalen und fanden festgetrocknete, knochige Arbeitshandschuhe, die man mit den Fingern nach oben aufstellen konnte, ohne dass sie umkippten. Wir fanden auch ein seltsam gebogenes Werkzeug mit abgestumpfter Klinge, von dem wir nicht wussten, wozu man es brauchte, und schließlich fanden wir Grillkohlen, Spiritus und einen alten Blumentopf, den man an drei rostigen Ketten, die oben zusammenliefen, festhalten konnte. Zuletzt zog ich eine gelbrote Packung aus dem Regal und sagte, sieht ja aus wie Mehl, als ich den kleinen Karton geöffnet und die zusammengeknisterte Packpapiertüte im Innern aufgedröselt hatte.
Moltofill stand auf der Packung.
Besser als nichts, sagte Christof, und wir kippten ein wenig Moltofill in den umgedrehten Deckel des Marmeladenglases, tröpfelten Spiritus auf die Kohlen im Blumentopf, zündeten sie an, bliesen, bis sie glühten und löffelten den Gips auf die weiß werdende Asche, und das roch zwar nicht annähernd wie Weihrauch, gab aber einen teuflischen Qualm.
Mit dem Wortgottesdienst hielt sich Christof nicht lange auf. Wir sprachen nur zwei Einstiegsgebete, es ist ein Wochentag, sagten wir uns, an einem Wochentag wird nicht gepredigt, und wenn nicht gepredigt wird, brauchen wir kein Evangelium, und wenn es kein Evangelium gibt, können wir auch auf die Lesung verzichten, denn eigens für die Lesung eine der Bibeln aus dem Bücherschrank seines Vaters zu klauen, schien uns zu aufwendig und zu gefährlich, denn es waren zum Teil kostbare Bücher, und wir wussten beide, wie Christofs Vater reagieren würde, wenn er erführe, dass wir eine der Bibeln mit in den verstaubten Schuppen genommen hätten.
Zur Gabenbereitung sang Christof Dir Vater Lobpreis werde, er sang es traurig und in sich gekehrt, und er sah mich nicht an, während er das Brot entgegennahm, mir die Blumenvase hinhielt und ich den Wein und ein wenig Wasser hineinschüttete, und seine Stimme tauchte den Schuppen in eine dämmrige Tristheit, die mich ergriff, sodass ich plötzlich ernst wurde und die Messe für einen Augenblick den Charakter des Spiels verlor und sich ein Gefühl einstellte, als wären wir dabei, etwas Außergewöhnliches zu tun. Als das Lied zu Ende war, schritt Christof rasch zur Tat und weihte die Oblaten, weihte den Wein, und während er das Brot und den Wein nacheinander in die Höhe reckte, betätigte ich zunächst eine alte, abmontierte Fahrradklingel, dann hob ich den Blumentopf und inzensierte die Gaben, wobei Christof sich wegdrehen musste, um nicht zu viel Rauch in die Augen zu bekommen.
Und dann näherte sich der Moment, auf den es uns ankam, der Moment, dessen Besonderheit wir durch den langen Vorlauf der Messe noch geschürt hatten, der Moment, an dem wir endlich vom Brot und vor allem vom Wein kosten konnten, und um uns selbst nicht zu lang auf die Folter zu spannen, beeilten wir uns und hechelten durch die noch ausstehenden Gebete: Geheimnis des Glaubens gesungen, Vater unser in zerhacktem Rhythmus, Friedensgrußhandschlag, Lammgottesgemurmel, Herr, ich bin nicht würdig, dass du eingehst, und anschließend drückte mir Christof eine Oblate nach der anderen in die Hand, die ich in mich hineinschlang. Er selbst aß den Rest. Die Oblaten waren hart und trocken, sechs, sieben, acht der runden Scheiben stopfte ich mir zwischen die Lippen, kaute auf ihnen herum, nässte sie mit allem zur Verfügung stehenden Speichel, und doch war es ein zäher Brei, der mir die Zunge verpappte, eine Pampe, die zu schlucken mühsam war, ich wollte aber die ganze Masse hinuntergewürgt haben, ehe ich zum Wein griff, wollte den Mund frei haben für den neuen, unbekannten Geschmack des Weines, für das Schmecken dessen, was ich bislang nur vom Geruch her kannte, und so stand ich stumm schmatzend vorm Altar, würgte den Oblatenmatsch hinab, holte schließlich Luft, kramte die Reste mit der Zunge aus den Zahnecken und schluckte ein letztes Mal.
Endlich reichte mir Christof die Vase. Ich setzte sie an die Lippen und dachte, wir hätten sie besser ausspülen müssen, die Vase, ich kann ja die alten Blumen noch riechen, das Gestrünk, das vertrocknet und gelb in ihr gestanden hat, wochenlang, weil meine Mutter vergessen hatte, es herauszunehmen, wir hätten vielleicht besser ein Glas nehmen sollen anstelle des Blumenbechers, aber nein, die Vase, das musste ich zugeben, sah schön aus, sie hatte ein wenig von der Erhabenheit goldbeschichteter Kelche.
Ich trank. Der Wein schmeckte, wie ich gedacht hatte, halb nach Stein und halb nach alten Blumen. Dann aber biss er mich, legte sich wie ein langer Stich auf die Zunge, brannte im Gaumen und fuhr mir die Kehle hinab, in die Röhre, fuhr wie eine Spur aus Hitze in mich hinein. Ich reichte Christof den Kelch, er trank den Rest, sein Gesicht verzog sich, er fauchte kurz und stellte den Kelch zurück auf den Tisch.
Wir blickten uns an und atmeten.
Da sah ich am Fenster einen Schatten, ich kniff die Augen zusammen, es war Lisa, Christofs Schwester. Sie war noch nicht ganz acht Jahre alt und hatte ihre Nase an die milchige, kleine Scheibe gepresst, und ich hätte nicht sagen können, wie lange sie schon so dagestanden war und was genau sie mitangesehen hatte. Immer noch kokelte das Moltofill im Blumentopf, schwach zwar, aber doch so stark, dass sich deutlich sichtbar kleine Rauchfahnen in die Luft zwirbelten. Als Lisa merkte, dass ich sie entdeckt hatte, verschwand ihr Gesicht vom Fenster, und sie lief fort, Richtung Haus. Was ist los? fragte mich Christof, der seitlich vorm Fenster stand und Lisa nicht hatte sehen können. Lisa, sagte ich. Sie hat uns gesehen? fragte er. Ich nickte. Christof nahm die rote Decke von den Schultern, löste die Schnur von der Hüfte und zog das Bettlaken aus, das er sich umgeworfen hatte. Sie wird uns verraten? fragte ich. Darauf kannst du Gift nehmen, sagte Christof und kippte den Rest Wasser aus dem Milchkännchen in den Blumentopf, wo die Kohlen im letzten Glimmen lagen und erloschen.
Heute noch höre ich die Worte, mit denen Christofs Vater uns am nächsten Tag anschrie, und mir ist, als hätte er jedes dieser Worte unzählige Male aus sich herausgebrüllt, nur einzelne, abgehackte, zusammenhanglose Worte. Ich erinnere mich an Worte wie Gefahr und Feuer, auch an das Wort verbrennen. Und Schuppen, immer wieder Schuppen. Dieses doppelte p in Schuppen, ein Laut, in den Christofs Vater es schaffte, seine ganze Wut hineinzulegen, ein Laut wie eine Ohrfeige, Schuppen, und dann immer wieder Holz, das trockene Wort Holz, das seither für mich wie vergiftet ist, Holz, wie ein Beilhieb, Holz, mit einem Zischen am Schluss. Und danken. Und dankbar sein. Und Gott danken. Das Wort Gott und die Spucke, die Christofs Vater beim doppelten t aus den Zähnen schoss, Gott, schoss es aus ihm heraus, Gott, spie er, Gott danken. Und sein Tonfall, ein schneidender Wind, der um uns pfiff, etwas Eiskaltes, das gar nicht zu den Worten Feuer und brennen passen wollte und dadurch umso bedrohlicher wirkte. Ich sah, wie Christof, als sein Vater sprach, stumm den Kopf gesenkt hielt. Und ich sah durch den Türspalt hindurch, wie Christofs Mutter auf der Küchenbank saß und an der Tischdecke friemelte, die Decke aus grün kariertem Stoff immer wieder zu kleinen Röhrchen hochrollte, sie dann fahren ließ, wieder aufnahm und erneut zusammenkniffelte.
Als sich der Rauch ein wenig verzogen hatte und wir eine Woche später wieder im Schuppen saßen und auf Rache sannen, es war ungewöhnlich kalt, wir hatten unsere Jacken angezogen, und Christof rieb sich die Hände, da sah ich die Packung Moltofill im Holzregal leuchten, und ich weiß nicht warum, vielleicht nur, um etwas zu tun, vielleicht, um unsere nach der Gardinenpredigt noch angeknackste Stimmung etwas aufzuhellen, zog ich die Packung hervor und ließ ein wenig von dem Pulver in meine Hand rieseln, hielt es Christof vor die Nase, blies es ihm Richtung Gesicht, er aber bog sich rechtzeitig zurück, hob abwehrend die Hand, meckerte kurz, die kleine weiße Wolke flog ins Leere und löste sich auf. Christof setzte sich wieder gerade hin und begann zu denken. Ich sah das an den Augen, die für kurze Zeit in eine einzige Richtung schauten, unter den Holztisch am Fenster, als erwarte er von dort etwas Ungewöhnliches. Ich sah es an seinen Augenbrauen, die über der Nasenwurzel zu kleinen Falten zusammensackten. Ich sah es an seinen Händen, die ineinander lagen. Dann blickte er zu mir herüber und sagte, ich solle auf ihn warten, er sei gleich wieder da. Er ließ mich im Schuppen sitzen und verschwand, kam nach einigen Minuten zurück und hielt eine Dose Mehl in der Hand, er atmete schnell, er war gelaufen, ich sah Schweiß in seinem Gesicht. Was soll das werden? fragte ich. Komm mit, sagte er.
Vor dem Gartenzaun lag ein Stück Land, auf dem Christofs Vater Himbeer- und Stachelbeersträucher gepflanzt hatte. Dorthin gingen wir, Christof bückte sich, hob mit den Händen ein Loch aus, öffnete die Dose und kippte das Mehl hinein. Fast alles. Wir gingen zurück in den Schuppen, ich wusste immer noch nicht, was er vorhatte, wir setzten uns, Christof sagte, meine Schwester hat morgen Geburtstag. Und legte los: Seine Schwester steht auf. Sie freut sich über ihre Geschenke. Die Mutter backt einen Kuchen. Zum Backen des Kuchens nimmt sie Mehl aus dem Schrank. Das Mehl wird aber kein Mehl sein, wie sonst, sondern Gips: Moltofill. Ihre Mutter merkt nichts davon. Sie sieht das Moltofill, hält es für Mehl, fängt an zu kneten, formt einen Teig, schiebt den Teig in den Ofen, lässt ihn gehen, wartet, bis er fertig wird, es ist Nachmittag, die Familie sitzt am Kaffeetisch, es duftet, nein, das nicht, das kann man nicht wissen, nicht, wie ein Kuchen riecht, der mit Moltofill gebacken ist, und ob er überhaupt riecht, doch wie dem auch sei, Lisa nimmt das Tortenmesser, nimmt es fest in ihre kleinen Hände, setzt das Messer an, setzt es dem Kuchen an die Kehle, drückt und drückt, und nichts, kein Millimeter Kuchen gibt nach, die Mutter nimmt das Messer, doch auch sie schafft es nicht.
Gelacht wurde vorab, während wir die Packung mit dem Moltofill öffneten, eine gute Portion in die Mehldose kippten, sahen, wie das Moltofill sich mit dem Rest Mehl vermischte, wie die Farben sich ergänzten, sich verbanden, einander in nichts nachstanden, gelacht wurde vorab, während wir den Rest Moltofill wieder zurück ins Schattenregal stellten, in die hinterste Ecke, neben die Handschuhknochen, gelacht wurde vorab, als wir das falsche Mehl zurück in die Küche brachten und anschließend zur Kirche gingen, Freitag Abend, wir waren zum Dienst eingeteilt, und erst in der Messe vergaßen wir, was morgen, beim Geburtstag seiner Schwester geschehen würde. Es geschah dies aber nicht. Es geschah anderes.
Christofs Vater kam am Abend nach Hause und verlangte von seiner Frau, dass sie ihm Pfannkuchen buk. Seine Frau gab zu bedenken, dass keine Eier im Haus seien, dass sie erst morgen früh auf den Markt gehen werde, um frische zu kaufen. Christofs Vater aber bestand auf Pfannkuchen. Seine Frau warf sich einen Schal über, ging zur Nachbarin, kam mit drei Eiern zurück und begann zu backen. Sie buk Pfannkuchen und nahm dazu das Mehl, das im Schrank stand und aussah wie immer. Die Pfannkuchen gelangen ihr nicht so, wie sie es gewohnt war, sie wusste aber nicht, woran das lag, ob sie vielleicht zu viel oder zu wenig Milch genommen hatte. Der erste Pfannkuchen blieb labbrig, ihr Mann weigerte sich, ihn zu essen, und Christofs Mutter warf ihn fort. Sie fügte mehr Mehl in den Teig, und der Zweite gelang ihr besser. Unzufrieden mit dem, was er bekam, schluckte Christofs Vater an dem Zeug, das, wie er sagte, unerträglich schmecke und nur zu genießen sei mit einer doppelten Portion Zucker und Apfelmus, unter der er den Pfannkuchen begrub. Warum in diesem Haus kein Mensch kochen könne, fragte er laut und schaufelte sich den Gipskuchen in den Schlund, aß, nicht um zu essen, sondern um barsch und mürrisch das, was er aß, zu kommentieren, es kann doch nicht so schwer sein, sagte er, einen Pfannkuchen zu backen. Erst die Makronen, sagte er, und jetzt die Pfannkuchen. Christofs Mutter aber stand am Herd und fügte eine Prise Salz hinzu, rührte den Teig noch einmal durch, weil sich Klumpen bildeten, kippte ihn ins heiße Fett, das zu zischen begann und leicht aufdampfte. Der Teig in der Pfanne zeigte Bläschen, begann Form anzunehmen, Gestalt, begann seine Flüssigkeit zu verlieren und elastisch zu werden, schaffte es aber irgendwie nicht ganz, sondern blieb löchrig, blasig, etwas feucht fast, und Christofs Mutter schwitzte über dem Herd und fragte sich, was die Nachbarin ihr wohl für Eier gegeben hatte. Dann legte sie den Pfannkuchen so auf den Teller, dass es aussah, als sei es ein einziges Stück, was aber nicht stimmte, es waren drei kleine Stücke, matschiger als gewohnt, und dann streute sie Zucker drauf, ehe ihr Mann sehen konnte, was sie ihm unterschob, über den Zucker kippte ihr Mann noch ein viertel Glas Apfelmus, und während er aß, schimpfte er weiter. Er, sagte Christofs Vater, müsse sich nun opfern, müsse, damit nicht allzu viele Pfannkuchen den Weg in den Mülleimer fänden, Pfannkuchen essen, die man schlechthin nicht essen könne, aber er würde dies auf sich nehmen, er könne nicht mit ansehen, dass noch mehr des täglichen Brotes ungegessen verderben würde, er, sagte Christofs Vater, wolle sich dereinst keine Vorwürfe machen, sagte er, mit reinem Gewissen wolle er seinem Herrn gegenübertreten, und außerdem sei ihm jetzt schlecht, kein Wunder, bei dem Essen, das man ihm hier vorsetze.
Dann legte er sich auf sein Bett und starb. Er schaffte es nicht mehr zu schreien. Er schaffte es nicht mehr, jemanden zu holen, der ihm hätte helfen können. Er lag da und schlief vielleicht kurz ein, döste weg, wer weiß es, und als er zu sich kam, stelle ich mir vor, da war in seinem Magen ein Mühlstein, tonnenschwer, und als er aufstand und zur Tür torkeln wollte, riss es ihn zu Boden, riss die Schwere des Steins ihn zu Boden, der getrocknete Gips überall, an den Darmwänden, im Bauch, vielleicht noch im Speiserohr. Und die Schmerzen müssen gewesen sein wie ein endloser Tritt in den Magen, ein einziger Tritt, der so lange dauerte, dass er nicht aufhören wollte, und als er dann doch aufhörte, das Leben mit herausgetreten hatte, das in ihm steckte.